Wir gehen alle falsch
Erstellt von r.ehlers am Montag 10. April 2017
Wir, d.h. der Autor dieses Beitrages und einige Mitglieder und Freunde unserer Gesellschaft für das richtige Essen und Lebensgestaltung e.V., haben seit einigen Jahren das physiologisch und gesundheitlich richtige Gehen im Fokus, insbesondere den uns bis dahin nicht bekannten Ballengang.
Dr. med. Peter Greb aus Kiel, Arzt für Allgemeinmedizin und Naturheilverfahren, „Humanmorphologe“ und Entdecker des segensreichen Ballengangs/Vorfußgangs :
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Ich empfehle sehr die Lektüre von Grebs Buch, Ballengang, Rückenschmerzen und Haltungssschäden vorbeugen – Wissenswertes über das natürliche Gehen, KOHA-Verlag, 2. Aufl. 2016:
Das Buch fasst Dr. Grebs Forschungen seit 1974 zusammen, daher nennt er es auch die 5. Auflage seines Buchs, während der Verlag von der 2. Auflage (nach 2000) spricht.
Dr. Greb hat durch sorgfältige Bebachtung und zwingende Schlussfolgerungen über unsere Art zu Gehen entdeckt,
- dass wir (fast) alle unphysiologisch und falsch im Hacken- oder Fersengang bei jedem Schritt erst den Vorderfuß anheben, dann mit der Ferse auf den Boden knallen und den Fuß dann nach vorn über Ballen und Zehen des Vorderfußes abrollen,
- statt wie beim Laufen, beim Tanzen, beim Treppensteigen und beim Gehen bergauf oder bergab den Fuß des vorausgehenden Beins (Spielbein) in der Fessel (Übergang von der Wade zu den Fußknöcheln) locker nach unten abhängen zu lassen, um erst mit Zehen und Vorderfußballen zugleich auf dem Boden zu landen, bevor der Schritt durch kurze Absenkung des Körpergewichts auf die Ferse abgeschlosssen wird.
Die wissenschaftliche Orthopädie nimmt wenig Notiz von diesen Erkenntnissen. Sie beschäftigt sich lieber mit der wissenschaftlichen Erforschung der bestgeeigneten Schuhe und Einlagen, die die schlimmsten Funktionsmängel und die gröbsten gesundheitlichen Folgen des Hackengangs lindern sollen – allerdings mit geringem Erfolg.
Ich empfehle die Lektüre von Grebs Buch, obwohl der Autor es dem kritischen Leser ungemein schwer macht, allen seinen Ausführungen zu folgen, die er mit der Präsentation seiner m.E. epochalen Entdeckung verbindet. Schließlich ist er der erste Mensch, der den irgendwann in grauer Vorzeit von den Menschen angelernten Hackengang als unnatürlich und schwer gesundheitsschädlich erkannt und auch die perfekte Lösung durch die Hinwendung zum Vorderfußgang propagiert hat. Seine Darlegungen sind, soweit er nicht ins Esoterische abdriftet, von jedem Leser auf Anhieb nachzuvollziehen.
Grebr würde zu gern den von ihm willkürlich gewählten Begriff GODO für den Ballengang allgemein machen. Das ist ihm aber in mehr als 40 Jahren nicht gelungen. Dass er da immer weiter insistiert, wirkt ein wenig impertinent. Leider hat er auch keine Scheu vor Plattheiten wie der, dass man (s. 64) seine Gefühle mit dem Herzen wahrnähme („Zentralorgan des Emotionalkörpers“, S 67). Der kritische Leser muss einfach darüber hinwegsehen, dass sich in diesem Buch höchst bedeutsame richtige Aussagen mit esoterisch verstiegenen Gedankengängen mischen.
Leider ist es so, dass die Rückkehr vom militaristischen Marschtritt zum natürlichen Vorderfußgang des Kleinkindes auch für den Menschen sehr schwer einzuüben ist, der die Theorie voll verstanden hat.
Ich habe erst 2011 mit 70 Jahren erstmals beim Kauf von Barfußschuhen vom besonderen Ballengang gehört, s. http://www.essenspausen.com/barfussschuhe-nimble-toe-von-julius-baer/. Nach halbherzigen ersten Bemühungen habe ich mich erst im letzten Jahr entschlossen, künftig alle meine Wege im Ballengang zu tun. Dabei waren mir die Ratschläge des Coaches Stefan Heisel (http://www.ballengang.de) eine gute Hilfe.
Seit ich nur noch Barfußschuhe trage, kann ich unermüdlich viele Kilometer am Stück gehen oder wandern, auch ohne den gelernten Ballengang. Seit ich aber bei jedem Schritt den Vorderfuß so aufsetze als müsste ich wie in freier Natur mit Unebenheiten des Bodens rechnen, ist mir kein auch noch so langer Weg zuviel. Ich stelle auch fest, dass ich eine Ausdauerkraft entwickelt habe, über die ich allenfalls in meiner Jugend verfügte.
Mein Rat geht daher dahin:
- Wechseln Sie zu absatzlosen in sich beweglichen Minimalschuhen (Barfußschuhen) mit viel Raum für die Zehen, von denen es inzwischen viele gute Angebote gibt. Das ist eine hervorragende Basis für die Erlernung des Ballengangs.
Die Vorteile des Ballengangs für die Gesundheit und die gute Funktion aller Systeme unseres Körpers wie auch des Geistes sind enorm. Ich will Ihnen aber nicht verhehlen, dass es auch Eperten gibt, die im konsequenten Ballengang auch Nachteile sehen. Besonders zu erwähnen ist der erfahrende Orthopäde Emanuel Bohlander , s. www.barefoot-academy.com/2016/12/30/der-ballengang-ist-nicht-die-natuerlich-praeferierte-gangart-des-menschen/).
Der Ballengang ist nicht die natürlich präferierte Gangart des Menschen
Bohlander erklärt, dass das Aufsetzen mit dem Fuß nur möglich sei durch eine beim Bewegungsablauf des Hackengangs nicht nötige zusätzliche Absenkung des Fußes. Er argumentiert wie folgt:
„Um das Schwungbein nach vorne zu pendeln, muss der Fuß in die Dorsalflexion, also zum Körper hin, angezogen werden, da er ansonsten über den Boden schleifen würde. Schwingt der Fuß nun am Boden vorbei und steigt wieder höher, ist es in diesem Moment die Ferse, die dem Boden am nächsten ist. Um den Vorfuß zuerst aufsetzen zu können, müsste dieser erst mal nach unten geneigt werden. Für den Ballengang ist also eine zusätzliche Bewegungsaktion von Nöten.“
Ich denke, dass Bohlander da falsch beobachtet hat. Beim Hackengang muss der Mensch nämlich künstlich seinen Vorfuß hochhalten, um zuerst mit der Ferse aufsetzen zu können. Beim Ballengang senkt sich der entspannte Vorderfuß dagegen auf Grund der Schwerkraft ganz von selbst nach unten. Bohlander weist neben vielen anderen Momenten auch darauf hin, dass beim Ballengang eine erhöhte Muskelarbeit und damit ein insgesamt deutlich höherer Energieaufwand getrieben würde. Aber genau das ist doch ein Vorteil, da diese Muskelarbeit hilft, das venöse Blut aus den unteren Extremitäten nach oben in Richtung des Herzens zu treiben.
Dagegen stehen die Beobachtungen, Erfahrungen und Schlussfolgerungen von Dr. Greb und der wachsenden Zahl der Eperten, die ihm folgen:
- „Der Fersengang baut physischen sowie psychischen Stress auf. Er führt zu Fehlhaltungen und Haltungsschäden, Beckenschiefstände, Gelenk- und Wirbelabnutzung, Gelenkverschiebungen, gekrümmte Wirbelsäule, zu Beschwerden und Verspannungen am Rücken, Schulter und Nacken, zu Schmerzen in Füßen, Knien und Hüften, zu Bandscheibenvorfällen, Venenleiden, Kreislaufbeschwerden, Kopfschmerzen, Koordinations-Schwierigkeiten, motorischen Störungen, zu Herz-Kreislaufbeschwerden, Asthma, usw.“ , s. http://www.gesundheitlicheaufklaerung.de/godo-durch-den-ballengang-mit-dem-herzen-gehen.
Wo Dr. Greb übertreibt, muss man ihm nicht folgen. Es mag sein, dass die gleichzeitige Nutzung unseres motorischen (pyramidalen) Nervensystems für die gewillkürte körperliche Bewegung und die Sprache auch einen Vorteil des Ballengangs in der Entwicklung der menschlichen Sprache darstellt.Für diese Meinung gibt es aber (noch) keine wissenschaftliche Bestätigung. Wie Greb aber das erklärt, dass der Ballengang auch die Ge(h)-danken fördere, die ihn danken lassen und zu einem moralisch höherwertigen Menschen machen, geht allerdings viel zu weit.
Ein Vermittlungsversuch:
Propagandistisch ist der Ballengang erkennbar auf dem Vormarsch. Ich denke, dass es keinen Grund gibt, sich für den heute beim Gehen üblichen heftigen Auftritt mit der Ferse auszusprechen – auch wenn der Körper in diesem Bereich ein Fettpolster hat, das den Aufprall etwas hemmt.
Auf der anderen Seite ist es nicht zu übersehen, dass bei bewusster Vermeidung der heftigen Stoßweitergabe durch den ganzen Körper hindurch der Fersengang auf ganz ebenem Weg kaum schaden kann, wenn man sich sonst daran hält, beim Gehen mit dem nach vorn hin suchenden Fuß den sicheren Auftritt zu finden.Beim Gehen auf Steigungen oder Gefälle und bei Treppen tut man das ohnehin.
Es gibt nämlich eine Situation des Gehens auf ganz ebener Wegstrecke, bei der der Fersengang Vorteile hat. Die ist das eilige Gehen mit großen Schritten. Der Ballengang erlaubt kein weites Ausschreiten, selbst wenn man sich angewöhnt, das Becken mit dem Beinwechsel etwas mitgehen zu lassen.
So wie Pferde viele Gangarten kennen, haben auch wir Menschen die Möglichkeit, nach Interesse unter mehreren Gangarten zu wechseln statt sich stur an eine der Möglichkeiten zu halten.
P.S.: In http://www.scinexx.de/wissen-aktuell-20945-2016-12-13.html wird eine Beobachtungsstudie erläutert, die klar macht, dass beim Fersengang tatschlich die Schrittlänge vergrößert wird. Ohne jede Prüfung wird da allerdings untrstellt, dass der Fersengang daher der bessere sei.